
Ode an die Selbständigkeit

Es ist so: Ich liebe, was ich tue. Manchmal wundere ich mich beinah über das Geld auf meinem Konto. Gut, manchmal geht's mir auch gehörig auf die Nerven, aber selten! Ich halte zwei Yogakurse pro Woche, hie und da einen Workshop, ich unterrichte Seminare für wissenschaftliches Schreiben und ich male. Es hat sich so ergeben, indem ich mich immer auf die Dinge konzentriert habe, die mich selbst begeistern und dann ist jedes Mal ein Standbein daraus geworden.
Es würde mir nicht im Traum einfallen, mich tagtäglich acht Stunden oder mehr im Hamsterrad zu bewegen, denn wenn die Sonne scheint, will ich meine Sachen packen und mir die Sonne aufs Hirn scheinen lassen. Wenn eins meiner Kinder Fieber hat, will ich mit dem Glühwürmchen auf der Couch kuscheln. Und Gott bewahre, jemand schriebe mir vor, wann ich Urlaub zu nehmen hätte.
Ich will spielen und da ich meine laufenden Fixkosten gering halte, kann ich quasi tun und lassen, was ich möchte - schließlich bin ich nicht auf einen kontinuierlich hohen Geldfluss angewiesen. Unsere gestrige Diskussion über Besitz versus Miete hat mich auf das Thema dieses Artikels gebracht. Meine Befürchtung ist nämlich, ich könnte meinen Mut verlieren, sobald ich riesige Kreditrückzahlungen im Genick hätte.
Ich hab mich noch nie für einen Job beworben, geschweige denn darauf geachtet, was sich gut in meinem Lebenslauf machen könnte und was nicht. Irgendwie hat immer der Zufall regiert. In den ersten Jahren meiner Selbständigkeit waren meine Existenzängste immens und das waren sie auch durchaus berechtigten Gründen: Die paar äußerst mies besuchten Yogakurse, die ich während meines Studiums hielt, deckten oft nicht mal ansatzweise die Miete meines WG-Zimmers und ich musste mein Studium schließlich selbst finanzieren. Aber man darf sich nicht gleich unterkriegen lassen! Dann tüftelt man eben herum und die Sache beginnt langsam Gestalt anzunehmen.
Als die Yogakurse gut liefen und ich mein Studium abgeschlossen hatte, überlegte ich mir, es wäre doch grandios, mich ein Jahr lang mal ganz dem Schreiben zu widmen. Ich meldete mich kurzum zum einjährigen Lehrgang im writers'studio an. Wie's der Teufel so will, übergaben sie mir nach meinem Abschluss sämtliche Kurse für wissenschaftliches Schreiben. Wieder ein Standbein mehr. Irgendwann hab ich meinem ehemaligen Diplomarbeitsbetreuer von meinen Kursen erzählt. Ein Semester später richteten sie mir am Institut für Internationale Entwicklung Schreibwerkstätten für DiplomandInnen ein.
Worauf ich hinaus will: Meiner Erfahrung nach fügt sich vieles auf völlig unberechenbare Art und Weise. Ich WILL prognostizierbare Sicherheit gar nicht. Was weiß ich, was noch alles auf mich zukommt? Hätte ich je gedacht, ich würde mal an der Uni unterrichten? Niemals! Je einen Gedanken daran verschwendet, ich würde mit 30 zwei Kinder haben? Vergiss es! Werd ich zwischendurch aufs Maul fallen? Bestimmt! Muss ich wissen, was in ein paar Jahren ist? Nein! Und? Mir geht's so super.
Ich plädiere für den Mut, das zu tun, nachdem das Herz schreit. Und ihr?
(Der morgige Text beginnt sicher wieder mit "Klappe zu weit aufgerissen..." hihi!)