
der huldvolle spirituelle Weg der Eva K.

Ich war schon immer zielstrebig. Egal, ob es darum ging, per Finger-in-den-Hals-stecken zu versuchen, mir einen Körper nach meinen Vorstellungen zu modellieren, mich per selbst initiiertem Umerziehungscamp zur angehenden buddistischen Nonne umzumodeln, oder ob ich gerade versuchte, mich mit hartem Training auf der Yogamatte irgendwie zu beidem zu bewegen (= gestählter Körper und Erleuchtung mit einer Klappe? Yeah!).
Egal, was es war, ich verfolgte es mit zusammengebissenen Zähnen und -gekniffenen Arschbacken. Was ich suchte, war ein Masterplan. Ein Masterplan für's Leben. Ein Masterplan zum Glücklichsein. Also packte ich mit 19 meine Sachen und flog nach Sri Lanka, um theravada-buddhistische Nonne zu werden. Ich wollte nichts, nichts mehr mit diesem konsumorientierten Wahnsinn zu tun haben. Nichts mit dem vorgezeichnet wirkenden Weg, der vor mir zu liegen schien. Nein, ich würde das Ruder herumreißen und mich in spirituelle Höhen aufschwingen!
Ich hatte vage, räucherstäbchendurchtränkte Vorstellungen, doch irgendwie war alles ganz anders als in den Büchern, wie ärgerlich. Ein Jahr lang trieb ich mich in Meditationszentren und Yogaschulen herum. Die vielen (westlichen) Suchenden, die ich während meiner Reisen kennenlernte, hatten eines gemeinsam: Sie hatten so etwas Unlustiges an sich. Dies ist kein Vergnügen, stand auf ihrer Stirn. Wir hocken schließlich nicht zum Spaß hier auf diesen scheiße-faden Meditationspölstern herum!
Alles klar, nickte ich 19-jährig und naiv. Alles klar, hier geht's um etwas. Schließlich wollen wir aus sämtlichen mühseligen Tretmühlen heraus und dieser Weg kann wohl nur mühselig sein.
Ich stieg ein, als hätte ich nie etwas anderes getan. Ich arbeitete. So perfekt wie ich mir das vorstellte, bekam ich es jedoch nie hin. Und jedes minimale Abweichen vom jeweiligen Masterplan ahndete ich mit resoluten Schuldgefühlstiraden, die ich stumm in mich hineinbrüllte. Leider nimmt man sich selbst trotz Ortswechsel immer mit.
Wenigstens blieb mir der Applaus von außen. Ich erzählte also der geneigten Zuhörerschaft milde lächelnd von meinem Tagesablauf. Von fünf Stunden täglicher Meditation (manchmal sogar zehn! Und Schweigen!) und seufzte weise und doch gebeugt, wenn ich die Huldigungen des Gegenübers entgegennahm. Danke sehr für ihre geschätzte Aufmerksamkeit, seufzte mein Ego, tätschelte sich zufrieden den Bauch, und machte sich auf die Suche nach dem nächsten Opfer. Es hat einige Jahre gedauert, bis mir auffiel, dass dies eventuell nicht Sinn und Zweck meiner ursprünglichen Ambitionen gewesen sein könnte.
Dass es erlaubt und wünschenswert sein könnte, über die eigenen schlechten Angewohnheiten, Ausrutscher & Co zu lachen - auf diese Idee kam ich nicht. Wäre mir nie eingefallen. Und wenn, dann nur als theoretisches Konstrukt, über das man wissend/verhalten kurz lachen durfte, bevor man sich flugs zurück in den Sumpf der melancholischen Innenschau begab. Ich habe mir dann einen buddhistischen Mönch angelacht, damit es im Meditationszentrum nicht mehr so fad war.
Nach zwei Jahren Herumreisen bin ich doch wieder nach Hause gekommen. Ich bin viel zu unernst für dieses Business. Und über und über voll von schlechten Angewohnheiten. Ich muss so sehr über pechschwarzen Humor lachen, dass ich zu platzen drohe. Ich fluche für mein Leben gern, ich esse gerne Pizza, bis sie mir beim dritten Auge herauskommt und nach den Yogakursen gehen wir immer wieder mal Punsch trinken. Sobald mir jemand mit Disziplin kommt, halte ich mir innerlich die Ohren zu und singe lauthals: "Gänseblümchen! Gänseblümchen!".