
das kalte Häusl

Am Dornerplatz, den Sohn 1 und ich morgens in Richtung Kindergarten queren, steht ein Sandler auf einem Tisch und schimpft wutentbrannt auf das Taubenrudel ein. "What you mean I can't fly?!?! I can do whatever the FUCK I want to do!! Bastards!!" brüllt er. Das Taubenrudel pickt sehr unbeeindruckt vor ihm auf dem Kopfsteinpflaster Brotkrumen, ich amüsiere mich köstlich.
Bei uns ist nach wie vor umzugsbedingt die Sentimentalität zu Gast. Der Buddhismus sagt ja korrekterweise, dieses Anhaften an Materiellem sei nix, es bringe Leid und damit ist ihm selbstverständlich objektiv Recht zu geben. Ist doch alles vergänglich, irgendwann kommt der Abschied - das sei doch ärgerlich, warum also vergebliche Liebesmüh betreiben? Hätte ich die Fotos meiner Geschwister, die ich für Sohn 1 als Galerie auf der unteren Wohnzimmertürhälfte angebracht habe, damit er sie krabbelnderweise begutachten kann - hätte ich all das ohne Herz getan, ich würde mich nun emotionslos trennen. Auch würde es mich nicht rühren, auf der Rückseite eines Fotos, das mich mit dem WG-Kind meiner Studenten-WG zeigt, eine Widmung seiner Mutter an mich zu finden.
Doch warum sollte ich wollen, dass es mich kalt lässt? Es ist nicht schlimm, zu trauern. Vorsicht, jetzt wird's schnulzig: Ich verabschiede mich mit ziemlich viel Dankbarkeit für die Jahre, die wir hier verbracht haben. Wir haben diese Räume mit sehr viel Farbe, Leben, mit Heimeligkeit gefüllt. Wenn wir jetzt gehen, verlassen wir die Räume, doch nehmen uns selbst mit. Gekommen sind wir zu zweit, nun gehen wir zu viert, wie schön ist das überhaupt?! Schnulz Ende.
Da ich übrigens davon ausgehe, es interessiere euch zweifellos aufs Brennendste, werde ich die nächsten fünfundzwanzig Blogbeiträge detailverliebtesten Rückschauen dieser unserer baldigen Ex-Wohnung widmen. Gleich geht es los, wir knacksen nur noch mal schnell die Fingerchen durch, Spotlight on:
Unser kaltes Häusl. Das kalte Häusl hieß kaltes Häusl, weil es ein kaltes Häusl war und wir außerdem noch ein warmes hatten. Das Kalte befand sich im ungeheizten Vorraum, hatte stets Außentemperatur, es zog wie in einem Vogelhaus. Im Winter blieb man zuweilen mit dem Hintern auf der vereisten Klobrille kleben und musste dann traurig nach Mitbewohnern rufen, die einen per Fön wieder befreiten. So und nicht anders trug es sich zu, keine Widerworte.
Das kalte Klo war bis heute 14 Uhr liebevoll dekoriert und weil ich euch die Pracht nicht vorenthalten will, habe ich sie abfotografiert, bevor ich sie mit spitzen Fingern entfernte.
Wir verabschieden hiermit feierlich:
Den geklauten 'Nimm ein Sackerl für mein Gackerl'-Hund. Vielen Dank der Stadt Wien hierfür.
Gea's Batman und Robin
Wiedersehen, Ab-ins-Bett-Frau! Küss die Hand, turnende Senioren-Ladies!
und auch dieser äußerst klotaugliche Zeitungsschnipsel (danke, Falter) wich heute im Rahmen der großen Räumaktion.