Eis, Tschik und Entschlackungstee | Eva Karel | Brutstätte für Yoga, Text & Bild

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Eis, Tschik und Entschlackungstee

22. April 2014

V. und ich futtern Ben & Jerry's Cookie Dough direkt aus der Packung, während sich unsere insgesamt vier Kinder im Sand suhlen, Schaukämpfe veranstalten und Ameisen zertrampeln. "Lass die Ameisen in Ruh, i sogs da!" brüllt V. Die Kindlein tanzen fröhlich um die Sandkiste und singen "Tot! tot, tot, TOT!"

Ich trink zum Eis heimlich ein bissl einen Entschlackungstee aus der Trinkflasche zwecks Gewissensberuhigung, mein Lebenswandel war in letzter Zeit nicht der gesündeste. Sieben Jahre war ich abstinent, doch während der letzten fünf Monate habe ich mir die Zigaretten intravenös verabreicht, sobald die Kinder nicht zugegen waren. Das funktioniert super, man zieht einmal an und hat die Sucht sofort wieder mit Bomben und Granaten am Allerwertesten picken. Sehr spaßig und würdevoll war das, im Winter bei strömendem Regen rebellisch beim Dachflächenfenster rauszupofeln. Man fühlt sich ja gleich wieder wie damals mit 12, nur dass einen diesmal nicht die Eltern, sondern die eigenen Kinder nicht erwischen dürfen. Die denken nämlich, man fiele grob geschätzt drei Tage später tot um deswegen. Also brav Kaugummi kauen und darauf warten, dass die Kinder endlich ins Bett gehen, damit der rebellische Tagesausklang beginnen kann. Jedenfalls hab ich das Trauerspiel vor fünf Tagen beendet. So nicht, Freunde! hab ich mir gesagt. Schluss mit lustig! Es fäut, es macht auf Dauer schirch und es kostet ordentlich Knedl. Summa summarum das ideale Mittel, um den unvorhergesehenen Zusammenbruch der Kleinfamilie sickern zu lassen, vermutlich jedoch nicht als dauerhaftes Vehikel positiver Lebensführung dienlich, möcht ich meinen.

Der Entschlackungstee treibt a weng, ich kraxl in die Leitn und schiff mir versehentlich die schönen Schuh ein bisserl an, weil sich eines der umstehenden Bärlauchblätter hilfreich als Rinne hervortut. Arbeite mich zart fluchend aus dem Unterholz retour, der Eineinhalbjährige begrüßt mich mit einem treuherzigen "tot?".

So stark sei ich, sagen sie mir dauernd und ich denk mir "Hä?". Was sollt ich denn machen? Neben den Kindern zu einem Häufchen desorientierter Trauer verkommen, damit sie sich nirgends mehr anhalten können? Sehr gute Idee, wirklich. Ich bin nur so stark wie das Netz, das mich trägt. Ich bin stark, weil ich so richtig gute Freunde habe. Weil ich viel schreibe, mich auf der Yogamatte herumtreibe und nachdenke und Plan B zu ersinnen versuche und alles drehe und wende und plärre und schreibe und mich auf der Yogamatte herumtreibe und mich trösten lasse und schreie und tobe und laufe und schreibe. Das plus Rotwein. Und Tschik.