
Trennungsphasen 1-4.

In meiner Badewanne planschen drei Kinder - mit Schneebesen, Schöpflöffeln etc. aus der Küche ausgerüstet, außerdem hab ich ihnen Schaum und Badewasserfarbe kredenzt. Ich selber hocke aufgrund dessen triumphal grinsend hinterm Falter auf der Couch, lese und tiriliere leise in mein Fäustchen. Lesen! Neben Kindergartenkindern! Yeah!
Ich sag's dir. Es dauert, bis man das mit Selbstbild, Identität etc. auf der Reihe hat. Dass man auf einmal nicht mehr Teil einer happy-peppi monogamen Hetero-Zweierbeziehung mit Kindern ist - ja, traditionell, aber ach so eigenständig und reflektiert! Es prackt einen mit dem Allerwertesten auf die verdammte Talsohle und man schreibt sieben Collegeblöcke in neun Monaten voll, im Versuch, den Scherbenhaufen zu sortieren. War man zu naiv? Zu blöd? Zu optimistisch? Phase 1: Man hockt am Boden und prüft stirnrunzelnd, wie die Scherben zusammenzusetzen zu sein könnten, versucht, sich einen Reim auf dieses gottverdammte Puzzle zu machen. Leider plärrt man die Puzzleteile nass, sie quellen auf und ergeben erst recht keinen Sinn mehr. Also klammert man sich (Phase 2) stur an die Vergangenheit und packt allen Optimismus aus, der sich auftreiben lässt. Phase 3: Hohn und Zynismus über den Schmerz stülpen - fühlt sich schließlich weitaus kompetenter an, als traurig zu sein. Phase 4: Hohn und Zynismus vom Herz kletzeln, denn mittlerweile hat sich ein bissl Kraft eingeschlichen, um wahrzuhaben, dass Sense ist mit dem vielbeweinten verlorenen Nest, dem Halt, oder dem, was man sich davon eingeredet und zusammengewünscht hat.
Irgendwann geht der Satz: 'Ich bin alleinerziehende Mutter zweier Söhne.' wie gewohnt über die Lippen. So schaut's aus im Schneckenhaus, Freunde. Geplärrt wird hier grad nicht mehr. Denn es mag überraschen, doch ich bin eh noch da. Außerhalb dieses gesellschaftlich abgesegneten, etablierten Rahmens. Zuweilen ist es sogar äußerst spannend hier draußen, hier werden wieder Bücher verschlungen, Nächte vertanzt und der eine mit der samtigen Stimme riecht so gut.
Die Meute entsteigt der Badewanne, ich bin unerfreut. Also stelle ich ihnen zwecks Amüsements die Stehleiter auf. Des Zweijährigen neuester Faible: Raufkraxeln, Stofftiere runterpracken, runterkraxeln, raufkraxeln, Stofftiere runterpracken. Soll mir sehr recht sein, meinen Sanktus hat er, solang er nicht versehentlich kaputtgeht. Gut, ich muss ihn hin und wieder ermahnen, nicht von der Leiter zu spucken, aber nichts läge mir ferner, als undankbar zu sein.