Hatscherter, als wir könnten. | Eva Karel | Brutstätte für Yoga, Text & Bild

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Hatscherter, als wir könnten.

12. August 2019
Hatscherter, als wir könnten.

Hier ein schlappes Winken aus dem Sommerloch. Mir ist so fad, mein Hirn so lätschert, dass ich zuweilen schon über Kreuz schiele - es ist eine äußerst sub-attraktive Angelegenheit.

Die Kinder sind jetzt seit sechs Wochen daheim. Die zwei Wochen Pause, die ich mir mittels Sommerhort und -kindergarten vergönnen wollt, haben sie mit Fieber und Krankenhausbesuchen tatkräftig torpediert. Jedenfalls schimpfen sie sich entweder mittels Flüchen Marke Eigenbau und pracken sich das Lego um die Ohren, oder aber sie schlecken sich halberts ab vor Zuneigung.  Abgesehen davon essen sie. Ständig. Ich steh in der fensterlosen Küche, die definitiv der schirchste Teil unserer Wohnung ist und koche und streiche Brote, oh, wie ich koche und Brote streiche. Ohne Unterlass.

Der Kleine passt jetzt endgültig nimmer ins Rad-Kindersitzerl, ich montier's also nach acht Jahren Kleinkindertransport ab. Und wein ein bissl auf den Sitzpolster. Baba, Kleinkinderzeit. Wir backen Kuchen, schreiben Abschiedsbriefe für die Kindergärtnerinnen und weinen zünftig in der Kindergartengarderobe. Wenn was gut war, ist's halt auch schad, wenn's vorbei geht. Vor allem, wenn das Neue noch nicht angefangen hat. Die Schultasche steht schon bereit. Wir hängen in so einem eigenartigen Dazwischen herum, ständig plärrt irgendwer. Freude, Traurigkeit in sämtlichen Schattierungen Nostalgie, Zorn, mulmiges Gefühl in der Magengrube. Ist das eigentlich bei euch auch so, dass in Rückenlage geweinte Tränen direkt in eure Ohren fließen, oder ist das eine Eigenheit meines Gesichts, ein spezieller Augen-Ohren-Winkel?

Ständig Erik Satie zu hören, ist auch ein Eigentor, aber wer möchte schon stets konstruktiv sein? Man ist ja hoffentlich keine dieser Instagram-Dankbarkeits-Frohnaturen, die einem schon beim Betrachten das eine oder andere Aneurysma angedeihen lassen. Ich hab ja noch nie viel davon gehalten, über die elendige Ambivalenz unserer menschlichen Existenz Daueroptimismus drüberzustülpen. Nein, es ist nicht immer lustig. Manchmal ist es richtig zach und das geht in Ordnung. Manchmal hört es gar nimmer auf, zach zu sein und das ist sogar ganz wichtig, weil wir zb an unserem Leben ganz grundlegend nachzujustieren haben, Stichwort Klimawandel.

In meinem aktuellen dezenten Existenzkriserl hab ich die geplante Yogalehrenden-Ausbildung, die  ich ab Herbst unterrichtet hätte, übern Haufen geworfen. Abgesagt, wiederschaun. Ich brauch mehr Zeit, um melancholische Klaviermusik zu hören, mich selbst auf der Yogamatte herumzutreiben und mein neues Buch zu schreiben. Ich schreib ja momentan an "Om, Oida II" - nämlich für Lehrende. Darin dreh und wend ich das Quirks, professionell zu inspirieren. Und ich muss mir jetzt erstmal selbst einen Reim darauf machen und herausfinden, ob ich eigentlich eine sein mag, die da Zertifikate ausstellt. Außerdem hat die Yoga Alliance endlich beschlossen, ihre Standards gewaltig anzuheben. Das ist grundsätzlich super, bringt aber auch viel Bürokratie, Fortbildungen etc. mit sich. Im Grunde mag ich gerade gar nichts machen, das so tut, als wäre mir etwas klar. Grübeln möcht ich. Granteln, auch. Mich u.a. über die Bildsprache aufpudeln, die online bzgl. Yoga grassiert z.B. Diese aalglatten, sexualisierten Bildinszenierungen von Yogabarbies und -kens.

So schau ich z.B. in einer Drehung aus, wenn mein ehemals 2x schwangeres Baucherl nicht unterm T-Shirt steckt.

Hier ein Mitglied der Neigungsgruppe Schabernack, das als Kind einige Operationen über sich ergehen lassen musste.

Und das ist meine Mutter, die sich mit Anfang 60 wie Rumpelstilzchen höchstpersönlich ihres Lebens freut.

- Na bitte, geht doch auch ohne Photoshop, oder? Nicht mal Leopardenleggings hamma gebraucht. Vielleicht können wir uns alle ein bissl beruhigen, alle ein bissl normaler, hatscherter und definitiv auch schircher sein, als wir könnten, wenn wir uns bemühten.