Die Legende des Zupforakels
"Was sind das eigentlich für depperte Sprüche, heast?"
= Die Frage, mit der 2019 alles begann. Wir saßen um den wackeligen Couchtisch und futterten chinesisches Bring-Essen, als uns die Glückskekssprüche auf die Nerven zu gehen begannen. Und manchmal ist es so, dass derlei Ungemach auf einmal etwas in mir aufblitzen lässt. Mit amüsiertem Stirnrunzeln fiel mir auf, wie auf einmal ständig Spruchideen hatte, die ich dann gschwind auf konfus verteilten Post-It-Zetteln landen ließ. Irgendwann schaute ich gedankenverloren aus meinem damals noch ebenso ebenerdigen wie auch straßenseitigen Atelierfenster, als mir die Idee ins Gebein fuhr, besagte Sprüche im Glückskeksspruchformat ausgedruckt und mit Tixo ans Fenster gepickt zum Abzupfen da draußen anzubringen. Drei Minuten später war es soweit, denn überraschenderweise waren mir die atelierinternen Drucker namens Oaschloch und Adolf ausnahmsweise gewogen.
Najo, der Rest ist quasi Geschichte. Weil ab dem Tag blieben ständig Passant*innen beim Vorbeistrawanzen stehen, um erst das Kopferl schief und die Stirn in Falten zu legen und dann wahlweise wiehernd zu stampfen oder vor Rührung ins Baucherl zu atmen. Mir persönlich war beides überaus recht, wenn ich ihnen unbemerkt aus einem halben Meter Entfernung vom Schreibtisch aus zugeschaut hat. Angestachelt hat's mich auch dezent, drum gab's in kürzester Zeit an die 200 Sprüche. Seit einem Jahr wohnt das Zupforakel am Schaufenster der Buchhandlung Bookpoint in der Kalvarienberggasse 30, 1170 Wien. Und wenn ich dort die Zetterl nachpick, was ich aufgrund der rasanten Nachfrage 2x wöchentlich mach, hab ich lustige Begegnungen. Eine resche 85-Jährige keift: "Wos isn des fia a Schas? Wos mochn sie do, ha?" - ich erklär brav und drück ihr ein Zetterl mit der Aufschrift "Unterm Strich bist du ein Traum, du oida Grantscherm." in die Hand, weswegen sie so zu lachen beginnt, dass ihr Rollator scheppert. Ein Anfang 20-Jähriger befragt mich mit weit aufgerissenen Augen: "San Sie das Orakel?!", was ich mit einem "Leibhaftig!" beantworte. Eine blonde Tätowierte drückt mich zuwa und sagt danke, ein Mittfünfziger meint. "Aso du bist des Gankerl!". - Schon schön.
Irgendwann hat meine Verlegerin gemeint: Komm, wir publizieren das jetzt. Also haben wir daraus Stehkalender namens "Das Orakel zu Wien" fabriziert - einen 2020 und gleich noch einen 2022. Die treffen auf so große Gegenliebe, dass sie fast ratzeputz ausverkauft sind.
Für euch lauten die guten Neuigkeiten, dass ihr euch bzgl. Weihnachtsgeschenken dieses Jahr keinerlei Haxen ausreißen braucht's, weil wir diesen Herbst - Ohrwascheln gespitzt und Trommelwirbel - ein "Best of Zupforakel" herausbringen werden - einen Fundus an Anstiftungen, Zuspruch und Frechheiten. Zur Verwendung als höchstpersönliches Orakel – immer dann, wenn du’s gerade braucherst und dich weder Engelkarten noch Glückskekssprüche verstehen. Schnipsle heraus, was du dir auf den Kühlschrank picken möchtest, steck der Nachbarin verschwörerisch ein Sprücherl zu, dekorier Geschenke damit, funktioniere manche Zetterl zu Lesezeichen um… ach, tu doch, verflixt nochmal, was du willst!!
Es wird sogar 2 Notizbücher geben, die vorn ein knackiges Sprücherl zieren wird ("Der Perfektionismus ist ein offizielles Oaschloch." "Unterm Strich bist du ein Traum, du oida Grantscherm."), außerdem anstiftende Keckheiten hin und wieder über die Notizheftseiten verstreut. Ein Traum, samma uns ehrlich.