
faktenbasierte Zuversicht stiften
12. Jänner 2025

Mir zerlegt's halberts den Schädel, wenn ich mir Zuckerbergs Anwandlungen anschau, Faktenüberprüfung und Sanktionen gegen Hassrede etc. zu kübeln, gerade angesichts der aktuellen plitischen Entwicklungen. Was mach ich jetzt? Mich von Facebook und Instagram schleichen? Aber überlassert ich damit das Feld nicht den Misanthropen?
Es ist weder wurscht, wie wir miteinander umgehen, noch hat es etwas mit freier Meinungsäußerung zu tun, wenn Leute absichtlich mit realitätsvereinfachenden Parolen gegeneinander aufgehetzt werden. Eh, wir leben in verwirrenden Zeiten, und die ständig auf uns einprasselnden Stimuli und Info-Overloads stiften in so manchen ein Lechzen nach einfachen Antworten. Aber Menschsein ist schwierig, immer schon. Sauschwierig, sogar.
Und trotzdem haben Menschen immer wieder komplett Grandioses geschafft - entgegen aller Prognosen und unter widrigsten Umständen.
ich teil jetzt hier einen kleinen Ausschnitt meines im Frühling erscheinenden Buchs (Oida! Mit Humor und Herz durch wilde Zeiten, Verlag punktgenau), in der Hoffnung, eine Portion faktenbasierte Zuversicht zu stiften:



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"Die Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt und ich sehe und spüre so viel Grund zur Hoffnung. Verdreh jetzt ja nicht die Augen und nenn mich ein naives Träumerlein, sonst scheppert’s. Hör mir zu: Bis 1800 waren fast drei Viertel der Weltbevölkerung Leibeigene und es war völlig normal, Menschen wie Tiere zu verkaufen. Im 19. Jahrhundert bürgerte sich Schwarz unter anderem deshalb als übliche Anzugsfarbe ein, weil die Luft in den Städten dermaßen verrußt war, dass alle anderen Farben in kürzester Zeit davon geschwärzt wurden, von den Lungen mal ganz abgesehen. Dann trugen technologische Entwicklungen und gesetzliche Vorgaben dazu bei, die Luft zu säubern. In den 70er-Jahren wurde prophezeit, in zwanzig Jahren würden wir aufgrund von Überbevölkerung und damit einhergehendem Ressourcenmangel die Welt längst in Schutt und Asche gelegt haben. Stattdessen hat sich die Zahl der Menschen, die global von extremer Armut betroffen sind, seit den 1990er-Jahren halbiert, obwohl die Weltbevölkerung von 3,7 auf über 8 Milliarden gewachsen ist.
In vielen Ländern haben Frauen das Wahlrecht und die gleichgeschlechtliche Ehe ist in über 30 Ländern legal. Dass mir das noch lange nicht reicht, versteht sich von selbst, dass es in einem größeren historischen Kontext betrachtet dennoch Grund zu Freudentänzen bedeutet, auch.
Die globale Kindersterblichkeit hat sich auf etwa 4% verringert, während bis vor 100 Jahren jedes zweite Kind vor seinem 15. Geburtstag verstorben ist. Das Ozonloch, das mir in meiner Kindheit diverse schlaflose Nächte bereitet hat, ist dabei, sich zu schließen und der saure Regen ist Geschichte. In den letzten Jahrhunderten sind fast schon unglaubliche Umwälzungen gelungen, immer zunächst angestoßen von einer kleinen Gruppe Eigenbrötler, denen auffiel, dass es auch anders gehen könnte. „[…] die britische Gesellschaft für die Abschaffung der Sklaverei war zunächst eine Vereinigung, die aus einem Schriftsteller, einem Anwalt und zehn Unternehmern bestand.“ (Bregman 2024a) Wenn ihr tüchtige Portionen faktenbasierter Zuversicht vertragen könnt, führt euch bitte die Literatur von Hannah Ritchie, Hans Rosling, Rutger Bregman und ourworldindata.org zu Gemüte.
Dabei ist mir völlig bewusst, dass diverse Staatsoberhäupter äußerst fragwürdige Geschöpfe sind, wir eventuell gerade vor einem Dritten Weltkrieg stehen, industrielle Massentierhaltung und globales Artensterben ein absoluter Abgrund sind, Künstliche Intelligenz uns zeitnah herumzukommandieren beginnen könnte, es um die psychische Gesundheit von Vielen nicht sonderlich rosig bestellt ist – insbesondere seit 2012, da kamen nämlich Smartphones auf, diese kleinen, anhänglichen Blutsauger. Doch die Zukunft steht nicht fest, wir gestalten sie gerade und solange mich weder KI arbeitslos noch der Klimawandel geröstet oder mit ihm einhergehende Kriege dem Erdboden gleichgemacht haben, werde ich mir immer wieder ein Herz fassen und mich fragen, was ich in die Welt geben mag. Hoffnung macht mich tatkräftig, sie kletzelt mich aus dem Serienbinge. Ich tauche auf und nehme wieder an meinem Leben teil."
Und hier noch ein extrem lesenswertes Interview mit dem Historiker und Autor Rutger Bregman.